Bekannte Klarinettisten

Von Stadler bis Fröst

Es gab - und gibt - eine Menge hervorragender Klarinettisten und Ensembles, und es ist nicht einfach, eine faire Auswahl zu treffen. Auf dieser Seite stehen sie, weil sie entweder besonders bekannt oder aus anderem Grund wichtig sind, oder aber einfach auch typisch für einen bestimmten Stil oder eine bestimmte Zeit.

Oft beeinflussten diese Klarinettisten direkt durch ihre Beziehung zu Komponisten deren Werke. Die Beziehungen basierten nicht immer nur auf einem rein geschäftlichen Verhältnis, sondern gingen oft aus einer freundschaftlichen Beziehung zwischen Instrumentalist und Komponist hervor. Solche Kontakte waren für beide Seiten auch von großem Nutzen: der Virtuose brauchte Solostücke, die er aufführen konnte (soweit er nicht ausschließlich eigene spielte), und der Komponist war, wenn er ein Instrument selber nicht beherrschte, auf eine Einweisung in die technischen Möglichkeiten desselben angewiesen, um es sinnvoll in seine Kompositionen einzubauen. Solche Beziehungen bestanden zwischen Karl Stamitz und Joseph Beer in Mannheim; Mozart und Anton Stadler; Spohr und J. S. Hermstedt in Sondershausen; Weber und Heinrich Baermann, Brahms und Mühlfeld.


Anton Stadler

Anton Stadler (1753 - 1812) ist vor allem deshalb bekannt, weil er mit seinem Spiel Wolfgang Amadeus Mozart zu seinen genialen Kompositionen für Klarinette brachte. Ohne einen begabten Klarinettisten ist beim damaligen Entwicklungsstand des Instruments das Engagement eines Komponisten kaum zu erklären. Allerdings war Stadler neben seinen Fähigkeiten als Klarinettist ein übler Spieler und Trinker, und stand wohl Mozart in dessen Fähigkeit, Geld zu verschleudern, in nichts nach: Als Mozart verarmt starb, hatte Stadler sogar noch Schulden bei ihm.


Johann Simon Hermstedt

Johann Simon Hermstedt (1778-1846) war der große Techniker unter den Virtuosen. Sein Ton war zwar nicht so schön wie der Heinrich Baermanns (weshalb z.B. C. M. v. Weber Baermann bevorzugte und vor allem für ihn schrieb), aber Hermstedt war nicht nur ein guter Spieler, sondern auch ein begnadeter Handwerker. Der Komponist, der eng mit Hermstedt zusammenarbeitete, war Spohr. Spohr nahm keine Rücksicht auf immer noch mögliche technische Schwierigkeiten, was nach Fertigstellung des ersten Konzertes wiederum zur Folge hatte, dass sich Hermstedt daran machte, die Mechanik seines Instrumentes zu verbessern und so die Entwicklung der Klarinette vorantrieb. Die vier Klarinettenkonzerte Spohrs für Hermstedt sind voller virtuoser Spieltechnik durch alle Lagen.


Heinrich Baermann

Heinrich Baermann (1784 - 1847) begann seine Musikerlaufbahn als Oboist in Potsdam, lernte später Klarinette und spielte dann bei König Ludwig in München als Hofmusiker, später in Wien, London und durch Konzertreisen in ganz Europa. In München lernten sich Heinrich Baermann und Carl Maria von Weber kennen, und genauso wie Mozart für Stadler seine Klarinettenkonzerte schrieb, schrieb Weber für Heinrich Baermann. Der Erfolg der ersten Aufführung war durchschlagend. Weber schrieb an einen Freund: "Das ganze Orchester ist des Teufels und will Konzerte von mir haben. Sie überlaufen den König (Ludwig von Bayern) und die ganze Intendanz...".


Carl Baermann

Der Sohn (1811 - 1885) von Heinrich Baermann war ebenfalls ein berühmter Klarinettist, ist aber heute vor allem bekannt als Musikprofessor und Verfasser der Klarinettenschule, nach der die meisten deutschen Klarinettisten noch heute ihr Instrument lernen. Daneben hat er an der Verbesserung der Klarinette mitgewirkt.


Richard Mühlfeld

Richard Mühlfeld (1856 - 1907) begann als Geiger in der Meininger Hofkapelle, und brachte sich das Klarinettespielen autodidaktisch bei. Seine Bedeutung erlangte er durch die Freundschaft mit Johannes Brahms, der ihn wegen seines süßen Tons "Fräulein Klarinette" nannte. Brahms hatte überhaupt aufgehört, zu komponieren, aber ähnlich wie Mozart für Stadler und Weber für Baermann schrieb, brachte Mühlfelds Klarinettespiel Brahms dazu, seine letzten Konzerte für die Klarinette Mühlfelds zu schreiben.


Jack Brymer


Bild: Jack Brymer

Jack Brymer war ein englischer Klarinettist, der viele Aufnahmen gespielt hat, und der in Deutschland vor allem deshalb bekannt ist, weil er ein ausgezeichnetes, sehr lesenswertes Buch über die Klarinette geschrieben hat.

Er hat sich eingehend mit dem Klang und verschiedenen Vorstellungen dazu innerhalb der Welt auseinandergesetzt und ist ein bekannter Klarinettenlehrer. Seine Aufnahmen sind allerdings in Deutschland nicht besonders verbreitet.


Karl Leister


Bild: Karl Leister

Karl Leister ist einer der meistgespielten zeitgenössischen klassischen Klarinettisten; die meisten Aufnahmen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für deutsches Publikum, die in Deutschland auf CD verkauft wurden, waren mit ihm; später dann auch mit Sabine Meyer oder Sharon Kam. Aufnahmen von Leister sind meist perfekt und im Ausdruck dem Stück hervorragend angepasst gespielt. Ein "individueller Stil", also eine typische Abweichung des Künstlers von der Idealvorstellung ist hier nicht mehr gefragt. Er spielte über drei Jahrzehnte bei den Berliner Philharmonikern mit Karajan. Seit 1993 ist er Professor für Klarinette an der Hochschule Hanns Eisler in Berlin.


Dieter Klöcker


Bild: Dieter Kloecker

Dieter Klöcker ist ein deutscher Klarinettist, der eine Vielzahl Aufnahmen veröffentlicht hat, gerade auch über weniger bekannte Werke, zum Beispiel auch die von Jan Václav Knezek. Er ist vielleicht nicht ganz so bekannt wie Karl Leister oder Sabine Meyer. Er studierte bei Karl Kroll und später bei Jost Michaels in Detmold und ist heute selbst Professor für Klarinette und Bläserkammermusik an der Musikhochschule in Freiburg. Er forscht unter anderen über jüdische Musik und hat diverse Untersuchungen und Veröffentlichungen publiziert.


Jost Michaels


Bild: Jost Michaels

Jost Michaels war bekannt als Professor an der Detmolder Musikhochschule und als Gründer und Leiter des Detmolder Blaeserkreises, wo er sich sehr intensiv mit der Klarinette auseinandersetzte. Daneben trat er noch als Klarinetten-Virtuoso, Pianist und Dirigent auf. Er war schon als sehr junger Mann Solo-Klarinettist des NWDR-Symphonie -Orchesters in Hamburg und gastierte weltweit mit vielen namhaften Orchestern und kleineren Gruppen. Als Musikwissenschaftler schrieb er Beiträge für Fachzeitschriften und einige Bücher, insbesondere auch eines über Grifftechnik.


Sabine Meyer


Bild Sabine Meyer

Sabine Meyer (www.sabine-meyer.com) tritt als Solistin auf Tourneen mit verschiedensten Ensembles auf und spielt CD-Aufnahmen ein. Sie lehrt außerdem Klarinette in Lübeck. Es gab ein immenses Medienecho, als Karajan sie als junge Klarinettistin als erste Frau zu den Berliner Philharmonikern holte, wo es auch prompt Irritationen gab. Sie verließ dann bald das Orchester, um als Solistin eine eigene Karriere zu machen. Seit dieser Zeit ist sie - neben der Geigerin Anne-Sophie Mutter - wohl die bekannteste klassische Instrumentalistin in Deutschland. Von neueren Aufnahmen klassischer Stücke mit Klarinette gibt es im Plattenladen (wenn der nicht gerade auf Klassik spezialisiert ist) vor allem CDs mit ihr - oder eben etwas ältere mit Karl Leister. Sie hat einen exklusiven Plattenvertrag mit EMI.


Richard Stoltzman


Bild: Richard Stoltzman

Richard Stoltzman (www.richardstoltzman.com) ist der im Moment wohl bekannteste Klarinettist in den USA. In Deutschland befindet sich seine Musik auf fast jedem Rechner, auf dem Windows 7 installiert ist: Microsoft hat seine Version von Debussys "Maid with the flaxen hair" als Beispielmusik zum Mediaplayer zugepackt - und das haben über die Hälfte der Deutschen auf ihrem PC (normalerweise unter C:/Benutzer/Öffentlich/Öffentliche Musik/Beispielmusik/Maid with the Flaxen Hair.mp3.


Sharon Kam


Bild: Sharon Kam

Sharon Kam (www.sharonkam.de) ist eine in Israel geborene Klarinettistin, die bereits mit 12 Jahren ein Stipendium der Jüdisch-Amerikanischen Kultur­gesell­schaft gewann. Seit dem spielt sie Konzerte mit bekannten Orchestern und sammelt Medienpreise. Zur Zeit lebt sie in Deutschland. Ihr Ton und die Ausdrucksweise sind trotz ihrer Herkunft bei klassischen Aufnahmen auch klassisch, das heißt: Ihr Spiel bei Aufnahmen klingt da, wo es sein muss, recht "deutsch", also dunkel und ohne Vibrato. Mittlerweile spielt Klassik Radio mehr Aufnahmen von ihr als von Sabine Meyer (was auch an ihrer Plattengesellschaft DECCA liegen kann).


Martin Fröst


Bild: Fröst, Martin

Der schwedische Klarinettist Martin Fröst (www.martinfrost.se) ist einer der ungewöhnlichsten und vielleicht spannendsten international auftretenden Bläser. Einerseits ist er ein guter Soloklarinettist und tritt mit hervorragenden Orchestern wie der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, der Camerata Salzburg oder den Hamburger Symphonikern auf. Da es aber schon eine große Zahl hervorragender Solisten gibt, kann man sich heute so nicht mehr etablieren. Fröst hat daher ein Preisgeld aus einem gewonnenen Wettbewerb in eine ungewöhnliche Komposition gesteckt, die moderne Musik mit Tanz- und Schauspielelementen verbindet (ein Video davon ist auf seiner Homepage zu sehen). Dadurch werden Aufführungen moderner Musik für ein breiteres Publikum interessant, und das verspricht dem Orchester, das mit Fröst auftritt, entsprechende Zuschauerzahlen und damit Einnahmen.


Nicht-klassische Spieler


Benny Goodman


Bild: Benny Goodman

Benny (Benjamin David) Goodman ist ein amerikanischer Klarinettist, der ursprünglich als Jazzer, vor allem mit Swing, bekannt wurde, dem es aber auch gelang, diese Form im ach so anspruchsvollen klassischen Umfeld zu etablieren. Berühmt ist das Konzert in der Carnegie Hall. Er trat aber auch mit klassischen Stücken als Solist auf. Dabei behält er allerdings seinen Jazz-Ansatz und das Vibrato bei; so entstanden Aufnahmen z.B. von Mozarts und Webers Klarinettenkonzerten, die völlig anders klingen, als wir es gewohnt sind. Einem verbissenen deutschen Klassiker gefällt das natürlich nicht, aber mit etwas Humor kann man auch das genießen.

Goodman, der mit seiner Unterhaltungsmusik weltweit enorm populär war und gut verdiente, beauftragte wiederum bekannte und weniger bekannte moderne Komponisten seiner Zeit - unter anderem Bartok, Hindemith und Copland - mit modernen Konzerten, die er dann aufführte, wodurch er sich auch bei "ernsten" Musikern einige Anerkennung erwarb.


Giora Feidman


Bild: Feidman, Giora

Giora Feidman kommt aus der jüdischen Klezmer-Musik-Tradition. Er tritt regelmäßig auch in Deutschland mit Konzerten auf. Durch ihn ist dieser Stil in Deutschland überhaupt wieder bekannt geworden. Der Klang seines Instruments und seine Spieltechnik ist deutlich anders, beim ersten Hinhören denkt ein deutscher Klarinettist wohl auch eher an eine Mundharmonika als an eine Klarinette, mit starkem Vibrato und kräftig jaulendem und heulendem Glissando. In den letzten Jahren war Feidman in verschiedenen deutschen Filmen als Klarinettist zu sehen und zu hören, zuletzt in "Jenseits der Stille" und "Comedian Harmonists" als jüdischer Klarinettist.


Hüsnü Senlendirici


Bild: Senlendirici, Hüsnü

Hüsnü Senlendirici ist der mit Abstand populärste türkische Klarinettist, wobei er eindeutig ein Volks- und Popmusiker ist und kein klassischer Klarinettist. Auf westliche Verhältnisse übertragen vergleicht man ihn am besten mit einer Mischung aus Florian Silbereisen (eher flache, aber populäre Volksmusik aber volle Hallen) und Freddy Mercury (teilweise sehr anspruchsvolle Rockmusik mit ekstatischen Konzerten und reihenweise Ohnmachten nicht nur weiblicher Fans). In der Türkei scheint der Übergang von Popmusik und Volkmusik fließender zu sein als in Deutschland, wo die Musikgattungen scharf getrennt sind. Er tritt zwar mit türkisch-traditioneller Volksmusik auf, aber löst mit seinen Auftritten ähnliche Hysterie aus, wie bei uns Rockstars... Und das trifft männliche wie weibliche Fans gleichermaßen, siehe die Äußerungen eines Anhängers im Kapitel "Klang".

Wie in der türkischen Volksmusik üblich, spielt er eine G-Klarinette, die etwas länger ist und tiefer klingt als die bei uns übliche B-Klarinette.

Geschichten darüber, dass er ein Autodidakt sei, treffen nicht zu: Er stammt aus einer Musikerfamilie, schon seine Großväter waren bekannte Klarinettisten, auch sein Vater war Profimusiker. Hüsnü studierte am Staatskonservatorium für türkische Musik der Technischen Universität Istanbul (allerdings ohne Abschluss), spielte in diversen Bands, auch in deutschen, und trat auf Hunderten von Festivals in der Türkei auf. Er präsentiert auch eine Musiksendung beim Sender TRT, der auch in Deutschland über Kabel erreichbar ist. Seine Fans haben diverse sehenswerte Videos auf Youtube hochgeladen.


Weitere bekannte Klarinettisten (Links)

Ich bekomme regelmäßig Mails, warum dieser oder jener Klarinettist hier unbedingt aufgeführt werden sollte... Es ist schwierig, da wirklich vernünftig zu entscheiden. Deshalb werde ich keine weiteren aufnehmen, sondern verweise auf die ständig wachsende und gut gepflegte Liste von Klarinettisten in Wikipedia.